Persönlich-Kolumne: Werte und Wandel
Zürich feiert in diesem und den nächsten Jahren das 500-jährige Jubiläum der Reformation. Huldrych Zwingli, der 1519 als «Leutpriester» ans Grossmünster kam, prägte diese grosse kirchliche Erneuerungsbewegung, die Martin Luther zuvor in Deutschland einleitete, und die Weltbedeutung erlangte. Heute leben in unserer Stadt rund 90‘000 Reformierte – ich bin eine von ihnen.
Die Reformierten bilden heute in unserer Stadt nicht mehr die grösste Religionsgruppe, vielmehr leben zahlreiche Religionen hier friedlich nebeneinander. Dennoch sind unsere Stadt und zahlreiche Aspekte unseres Lebens von den damaligen Ereignissen stark geprägt. Wer kennt nicht die Rede vom «protestantischen Arbeitsethos», der in unserer starken Wirtschaftsstadt fast allgegenwärtig ist? Und wussten Sie, dass mit der Aufhebung der Klöster während der Reformation das sogenannte „Armenwesen“ vom Staat übernommen wurde? Heute ist es für uns selbstverständlich, dass der Staat eine wichtige Rolle spielt, wenn es darum geht, dass in unserem Gemeinwesen niemand durch die Maschen fallen soll. So ist etwa die AHV eine grosse Errungenschaft gegen früher weit verbreitete Altersarmut. Die Reformation war in der Tat eine tiefgreifende Erneuerungsbewegung.
Auch heute stehen in der Reformierten Kirche der Stadt Zürich Neuerungen an. Die 34 Kirchgemeinden entscheiden derzeit über den Fusionsvertrag zu einer einzigen Gemeinde. Es ist wichtig, offen zu bleiben für Wandel und Erneuerung. So ist auch unsere heutige Stadt Zürich entstanden: Aus der Fusion von insgesamt 19 Gemeinden in den Jahren 1893 und 1934. Der Mut wurde belohnt, es kam gut!