Bedingungsloses Grundeinkommen Now!
Natürlich gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Vorstoss und der Volksinitiative „Für ein bedingungsloses Grundeinkommen“ aus dem Jahr 2016. Wie man der Motion entnehmen kann, wurde diese nämlich in den besagten Stadtkreisen mit gut 55% angenommen. Das war die Inspiration.
Die – meine! – Stadtkreise 4 & 5 sind eine Art Zukunftslabor der Stadt Zürich und der ganzen Schweiz. Die Abstimmungsentscheide in meinem Wahlkreis sind der Realität normalerweise eine bis zwei Generationen voraus.
Nach Einreichen dieser auch fraktionsintern heftig diskutierten Motion war unter anderem zu lesen, es handle sich um eine Zwängerei, denn die Volksinitiative sei ja abgelehnt worden. Das ist der SP vollkommen bewusst, doch handelt es sich bei dieser Idee ja auch nicht um eine Einführung, sondern um einen Pilotversuch. Das ist nicht dasselbe. Zudem zeigt eine repräsentative Umfrage von gfs.bern aus dem Jahr 2016 zum Thema: fast zwei Drittel der Nein-Stimmenden und 83 Prozent der Ja-Stimmenden gehen davon aus, dass die Stimmberechtigten nochmals über ein bedingungsloses Grundeinkommen abstimmen werden.
Im Bericht des Stadtrats stehen zwei Punkte im Zentrum: erstens darf es in der Schweiz – und erst recht im reichen Zürich – keine Working Poor geben. Wer voll arbeitet, muss davon auch leben können. Zweitens braucht es neue Angebote für Menschen, denen der Arbeitsmarkt heute keine Stelle und auch keine Perspektive mehr bietet. Hier sind nicht nur staatliche Stellen gefragt, für die der Bericht des Sozialdepartements konkrete Vorschläge macht, sondern insbesondere auch die privaten Arbeitgeber. Sie können nicht auf der einen Seite von der Digitalisierung profitieren und auf der anderen Seite die Verantwortung für die negativen Auswirkungen alleine an den Staat delegieren.
Nun ist es aber nicht so, dass die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens die Bedeutung von Almosen hat, bzw. das BGE nur an Bedürftige ausbezahlt werden soll, sondern eben die dem Begriff innewohnende: jede Bürgerin und jeder Bürger soll unabhängig von der wirtschaftlichen Lage eine gesetzlich festgelegte und für jeden gleiche – von der Stadt ausgezahlte – finanzielle Zuwendung erhalten, ohne dafür eine Gegenleistung erbringen zu müssen.
In der gängigen Theorie ist das an gewisse Regeln gebunden, beispielsweise an Bürgerrecht, der Volljährigkeit etc.
Auch die Fraktion hat Sorgen, Ängste und Zweifel, was die Auswirkungen des BGE betrifft. Doch bei uns überwiegen die Hoffnungen. Tatsache ist: niemand weiss, was die Zukunft bringen wird. Deshalb möchte die SP mit dieser Motion genau in Zürich ein Forschungsprojekt zum BGE anstossen. Das ist kein kurzfristiges Vorhaben.
Wir stehen (wie jede Generation) vor grossen gesellschaftspolitischen und anderen Herausforderungen und eine Möglichkeit, diese zu meistern, sieht die SP im bedingungslosen Grundeinkommen. Tests an anderen Orten auf der Welt haben vielversprechende Resultate gezeigt. Man kann jedes Mal davon in allen Medien davon hören und lesen.
Da in der Schweiz weder von nationaler oder kantonaler Seite ein Versuch dazu zu erwarten ist, sind wir der Auffassung, dass es an uns ist, den Pilotversuch selbst in die Hand zu nehmen, deshalb diese Motion.
Dieser Vorstoss kommt aus der Graswurzelbewegung. Konkret wurzelt er in einer E-Mail vom 11. Juni 2016, worin die Idee zu dieser Motion an eine Auswahl von Politikerinnen und Politikern aus dem Quartier geschickt wurde. Es handelt sich bei dieser Motion also um eine, die bottom-up entstanden ist.
Im Kern ist das bedingungslose Grundeinkommen eine Steuerreform. Denken Sie an all die Gesetze, die man abschaffen könnte. Fast alle sozialpolitischen Massnahmen in einem einzigen Instrument zusammengefasst!
Selbst der Internationale Währungsfonds IWF, beileibe nicht als linker Think Tank bekannt, sieht das bedingungslose Grundeinkommen als mögliche Lösung für die kommende Zeit. Der Test für ein BGE ist keine Klientelpolitik, denn es kann schlicht jede und jeden treffen. Und bei einer Einführung würden alle gleichermassen davon profitieren, egal welche politische Haltung sie vertreten.
Das BGE sprengt die Vorstellungskraft. Es lässt sich auch nicht einfach auf der Links-Rechts-Basis verorten. Der Urheber des Zitats ist mir nicht bekannt, doch finde ich es passend: das BGE ist sozial – sozialistischer als jeder Sozialismus – und liberal – kapitalistischer als jeder Kapitalismus. Deshalb müssen wir es testen.