Arroganz und Kompetenz
„Ich bin nicht Politiker, sondern Amtschef – aber gewissen Politikern sollte man solche Studien zur Pflichtlektüre geben.“ Gemäss NZZ waren dies die Worte von AWA-Chef Bruno Sauter anlässlich einer Veranstaltung des Business Clubs – es geht um eine Studie, die anscheinend die nachteiligen Auswirkungen von Regulierungen belegen soll. Ich könnte mich jetzt laut fragen, ob diese Aussage eine Woche nach Erteilung eines Verweises durch Ernst Stocker besonders klug ist. Oder aber inwiefern dies gerade zu der Art von Kommunikation gehört, die Bruno Sauter gemäss Mitteilung der Volkswirtschaftsdirektion nicht mehr machen darf.
Aber darum geht’s mir nicht. Unerträglich finde ich die Arroganz, die einmal mehr ein sogenannter Wirtschaftsführer (oder in diesem Fall ein verhinderter Wirtschaftsführer, der in der Verwaltung gelandet ist) gegenüber der Politik an den Tag legt. Wie lange sich Herr Sauter noch von den gleichen Steuern bezahlen lassen will, die er aus ideologischen Gründen vermutlich eh für ein grosses Übel hält?
Die Aussagen des AWA-Chefs erinnern mich an den Vortrag, den der abtretende UBS-Verwaltungsratspräsident Kaspar Villiger vor etwa einem Jahr vor der Volkswirtschaftlichen Gesellschaft hielt. Kurz zusammengefasst: Schuld an der Finanzkrise ist der Staat. Die Wirtschaft hingegen hat alles gewusst und richtig gemacht. Nicht nur, dass Villiger komplett ausblendete, dass seine Bank vom bösen Staat gerettet werden musste. Richtig übel war die überhebliche Stimmung unter den anwesenden sogenannten Wirtschaftsführern. Sie lächelten sich an, nickten sich zu, und beim anschliessenden Apero versicherten sie sich gegenseitig: „Endlich getraut sich wieder einer. Wir müssen uns nicht mehr verstecken. Wir dürfen wieder sagen, dass die Wirtschaft gut und der Staat böse ist.“
Wenn ein Amtschef des Kantons und der Verwaltungsratspräsident einer staatlich geretteten Bank mit ihrem arroganten neoliberalen Welterklärungsanspruch so kurz nach der Finanzkrise wieder salonfähig sind, so haben wir irgendetwas falsch gemacht. Wir sind mit unseren wirtschaftspolitischen Erklärungsmustern zu wenig durchgedrungen – darüber darf auch der Abstimmungserfolg bei der Abzockerinitiative nicht hinwegtäuschen. Unser Rezept kann nicht Populismus oder ein Gleichgewicht der Arroganz sein. Wir müssen mehr in unsere Wirtschaftskompetenz investieren und selber mit wirtschaftspolitischen Themen in die Offensive gehen.