Die Wohnungsnot existiert wirklich

Nichts beschäftigt die Zürcherinnen und Zürcher stärker. Die SP löst diese Probleme, statt sie zu verharmlosen.

Die Wohnungsnot sei «mehr Angstmache als Tatsache», die Hälfte der 4-Zimmer-Wohnungen in der Stadt Zürich koste ja weniger als 1300 Franken pro Monat. Dies schrieb Edgar Schuler letzten Freitag. Dann folgert er, dass Investitionen in bezahlbare Wohnungen genauso überflüssig seien wie ­I­n­vestitionen in die «durchgehende Velowegbar­machung des Stadtgebiets». Stattdessen sollen ­ mit dem eingesparten Geld die Steuern gesenkt werden. Und zwar am besten durch eine Neuauflage der Unternehmenssteuerreform III. Wer keine echten Argumente hat, neigt dazu, die Dinge umzudefinieren. Dünn wird dann die Trennlinie zwischen Wahrheit und Dichtung.

 

Zahlbare Wohnungen sind in Zürich ein reales und kein herbeigeredetes Problem. Die Hälfte der 4-Zimmer-Wohnungen kosten entgegen Schulers Aussage mindestens 1780 Franken. Für gemeinnützige 4-Zimmer-Wohnungen liegt dieser Medianwert bei 1400 Franken, für renditeorientierte bei 2000 Franken. Die ausgeschriebenen Mietpreise liegen nochmals um 50 Prozent höher. Wer wie Schuler rückzahlbare zinsgünstige Darlehen und Baurechte an gemeinnützige Wohnbauträger als Subvention bezeichnet, liegt doppelt falsch. Erstere kosten die Stadt keinen Rappen, und Zweitere sind ein grosses Geschäft für die Stadt, weil sie jährlich Baurechtszinse in Millionenhöhe einnimmt. Ausserdem bleiben die massiven Steigerungen des Immobilienwertes zu 100 Prozent im Volksvermögen.

 

Hinter der Wohnungspolitik der SP steht ein Volksentscheid. Mit 76 Prozent Ja-Stimmen beschloss die Zürcher Stimmbevölkerung, den Anteil bezahlbarer Wohnungen auf ein Drittel zu erhöhen. Die SP setzt also um, was die Bevölkerung bestellt hat. Genau gleich verhält es sich bei den Velowegen. Das Volk hat sich mit grosser Mehrheit für Investitionen in durchgehende Velowege ausgesprochen. Auch dieser Volksentscheid muss zügig umgesetzt werden. Separate Verkehrsflächen für Autos, für Velos sowie für die Fussgängerinnen und Fussgänger erhöhen die Sicherheit von uns allen.

Heute sterben in der Stadt Zürich mehr Menschen durch Verkehrsunfälle als durch Gewaltdelikte. Wir haben auf unseren Strassen ein reales Sicherheitsproblem.

 

Nur wenige beklagen hohe Steuern

Nirgends gibt es in Zürich so dringenden Handlungsbedarf wie beim Verkehr und bei der Wohnungsnot. Das sieht auch die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung so. In der regelmässig stattfindenden Bevölkerungsumfrage werden Verkehr und Wohnen seit Jahren als die beiden grössten Probleme bezeichnet. Demgegenüber nannten zuletzt gerade mal noch drei Prozent der Bevölkerung «zu hohe Steuern» als Problem.

 

Ebenso falsch ist die Behauptung, die SP wolle die Steuern nicht senken. Das Gegenteil trifft zu. Die SP hat im Kanton Zürich einen Vorstoss zur Verdreifachung des Steuerfreibetrages eingereicht, den die bürgerliche Seite nicht umsetzt. Zynischerweise verzögern die rechtsbürgerlichen Mehrheiten in Kanton und Bund Steuersenkungen für den Mittelstand. Ohne Not haben sie mehrfach die Unternehmenssteuern gesenkt. Um diese Ausfälle zu kompensieren, hätte man die Steuern für natürliche Personen um 18 Prozentpunkte anheben müssen. Es ist die Leistung der rot-grünen Regierung, diesen Mittelentzug ohne Steuererhöhungen bewältigt zu haben.

 

Die Strategie der SP in der Finanzpolitik folgt dem Credo «Spare in der Zeit, dann hast du in der Not». Bevor an Steuersenkungen für natürliche Personen zu denken ist, bildet die Stadt momentan Reserven, um rund sechs schlechte Jahre zu überstehen. Das ist kluge Finanzpolitik.

 

Wenn die Stadt Zürich dereinst den Spielraum für eine Steuersenkung hat, so ist wichtig, dass auch der Mittelstand zum Zug kommt. Bei einer blossen Neuauflage der Unternehmenssteuerreform III wäre das nicht der Fall.

 

Die Politik der SP hört auf die Bedürfnisse der Bevölkerung und löst Probleme, statt sie kleinzureden. Der Anspruch auf eine bürgerliche Mehrheit entspricht nicht der Lebensrealität der Stadtzürcher(innen), politisieren doch SVP, FDP und CVP in zentralen Punkten am Volk vorbei.